Der chinesische Paravent

Seit ein paar Jahren gehört die Aufarbeitung der Kolonialzeit zu den zentralen Aufgaben der ethnologischen Museen, verbunden auch mit Restitutionsforderungen aus den Herkunftsländern geraubter Artefakte oder menschlicher Relikte. Nicht nur im Rahmen der Provenienzforschung werden dabei die Mythen über die positiven Seiten des Kolonialismus und seiner „Helden“ als eben solche entlarvt. Aber nicht nur in den einschlägigen Museen, sondern auch in so manch privatem Umfeld schlummert die koloniale Vergangenheit in Form von exotischen Erbstücken beispielsweise der Urgroßeltern. Dessen Aufarbeitung ist Privatsache und oft mit erheblichen emotionalen Hemmnissen behaftet, insbesondere dann, wenn sich die vermeintlich heldenhaften Vorfahren bei genauerer Betrachtung als Rassisten, Räuber und skrupellose Ausbeuter entpuppen.

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Kleine Geschichte Taiwans

Dafür, dass es sich um eine „kleine“ Geschichte Taiwans handelt, erscheint die Zeit zwischen 1945 und heute auf den ersten Blick vergleichsweise ausführlich dargestellt. Doch in diesem Buch des Universitätsprofessors und Taiwan-Spezialisten Gunter Schubert geht es eben nicht um die Geschichte der rund 180 Kilometer südöstlich der Volksrepublik China gelegene Insel, sondern um das politische Gebilde Taiwan. Denn, so verrät der Klappentext, das Buch soll helfen, den aktuellen Konflikt zwischen Taiwan und der Volksrepublik, der droht, einen Krieg zwischen den beiden stärksten Militärmächten der Welt auszulösen, besser zu verstehen.

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Eingeordnet unter 19. Jahrhundert, 20. Jahrhundert, 21. Jahrhundert, Rezension

Meuterei im Paradies

Wenn man der medialen Verarbeitung und den zeitgenössischen Reaktionen Glauben schenken darf, so war die erste Brotfruchtexpedition unter Commander William Bligh die wohl spektakulärste Seereise der Globalisierungsgeschichte. Und tatsächlich sucht dieses Ereignis, das unter dem Titel „Meuterei auf der Bounty“ heute wohl weltbekannt sein dürfte, in der an Meutereien wahrlich nicht armen Geschichte der „Entdeckungsreisen“ im Allgemeinen und der Royal Navy im Besonderen seinesgleichen. Der Geschichtswissenschaftler und Spezialist der britischen Seefahrtsgeschichte des 18. Jahrhunderts, Simon Füchtenschnieder, hat sich dieses Ereignisses im seefahrthistorischen und wirtschaftlichen Kontext erneut angenommen.

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Eingeordnet unter 4 Frühe Neuzeit, Rezension, Zeitalter der Entdeckungen

Zum 250sten Geburtstag von Matthew Flinders

Matthew Flinders, der britische Seefahrer, dem Australien nicht nur seinen heutigen Namen zu verdanken hat, gehört hierzulande nicht zu den bekanntesten Vertretern seiner Zunft. Dabei war er Teil einer Gruppe außergewöhnlicher Persönlichkeiten, die im 17. Und 18. Jahrhundert durch ihre nautischen und wissenschaftlichen Fähigkeiten im Auftrage ihrer jeweiligen Regierungen wichtige Voraussetzungen zur europäischen Kolonialisierung und Ausbeutung der Welt und damit die Grundlage dessen geschaffen haben, was wir heute als „unseren Wohlstand“ so vehement zu verteidigen suchen. Jede dieser Persönlichkeiten hatte dabei so ihre eigene Motivation, sei es Neugier und Abenteuerlust, sei es Karriere, sei es wissenschaftliche Erkenntnis und Forscherdrang. Die meisten von ihnen waren sich der Folgen ihres Handelns für die „be- und untersuchten“ Kulturen durchaus bewusst, hielten sie jedoch aus einem in jener Zeit obligatorischen zivilisatorischen Überlegenheitsgefühl heraus für unvermeidlich. Insofern können die Leistungen der (ich beschränke mich hier auf die britischen -) „Helden der Entdeckungsreisen“ wie James Cook, William Bligh, natürlich Matthew Flinders und nicht zuletzt Joseph Banks, als Vorsitzender der Royal Society die treibende Kraft bei der wissenschaftlichen Bestandsaufnahme der Ressourcen der Welt, nicht unabhängig von den ökonomischen und ideologischen Prozessen ihrer Zeit betrachtet und bewertet werden. Lesen Sie weiter auf „Forscher, Katzen und Kanonen“

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Eingeordnet unter 4 Frühe Neuzeit, Kolonialisierung, Zeitalter der Entdeckungen

Geschichte Brasiliens 1500 – 1627

Jahrhunderte lang überdauerte die „Historia do Brasil“ des obersten Provinzials aller Franziskanerniederlassungen in Brasilien in Form von Fragmenten und Abschriften in portugiesischen und brasilianischen Archiven. 2008 publizierte die brasilianische Professorin Maria Lèda Oliveira erstmals eine Rekonstruktion des Originalmanuskriptes von 1624. Diese Edition bildet die Grundlage für die deutsche Ausgabe der „Geschichte Brasiliens“ durch Professor Franz Alto Bauer von der LMU München. Der Autor hat allerdings nicht lediglich eine Übersetzung des Originaltextes angefertigt, sondern auch eine erhebliche sprachliche Überarbeitung vorgenommen und zahlreiche Anmerkungen hinzugefügt. Und so lässt sich der ursprünglich aus komplizierten Satzkonstruktionen bestehende Text aus dem 17. Jahrhundert nun gut lesen, hat aber dennoch nichts von seiner Authentizität verloren.

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Eingeordnet unter 4 Frühe Neuzeit, Rezension

Die Haifischinsel

Karg und unwirtlich ist sie, die Halbinsel in der Lüderitzbucht im Süden Namibias. Im Norden der Haifischinsel findet sich heute ein Campingplatz. 1905 richtete die „Schutztruppe“ der ehemaligen Kolonie Deutsch-Südwestafrika dort ein Konzentrationslager ein, in dem die Überlebenden des von Reichskanzler von Bülow gestoppten Vernichtungsfeldzugs General von Trothas gegen die Nama und Herero interniert wurden. Die Direktorin des Landesmuseums Hannover, Katja Lembke, ist zusammen mit Wolfgang Rabbel von der Uni Kiel den Spuren dieses Konzentrationslagers mit Methoden der historischen Archäologie auf den Grund gegangen und hat mit dem Buch Die Haifischinsel eine denkwürdige, beeindruckende und beklemmende Dokumentation des weitgehend „in Vergessenheit geratenen“ Wirkens des deutschen Kolonialismus vorgelegt.

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Eingeordnet unter 19. Jahrhundert, 20. Jahrhundert, Kolonialisierung, Rezension

Der Stein der Weisen. Geschichte der Alchemie

(Pressemitteilung des Germanischen Nationalmuseums) Unermesslicher Reichtum, ewige Jugend und Unsterblichkeit: Schon immer fesselte die Menschheit die Aussicht auf vermeintlich Unerreichbares. Die Erfüllung dieser Wünsche versprach ein einzigartiges Elixir, der sogenannte „Stein der Weisen“. Über Jahrhunderte versuchten Alchemisten, ihn herzustellen. Sie experimentierten und verfassten Traktate – doch der Stein blieb bis heute eine Legende. Wie sieht er aus, wie ist er beschaffen? Wir wissen es nicht. Doch gerade dieses Geheimnisvolle macht seinen Reiz aus.
Eine Studioausstellung gibt mit rund 60 Handschriften und Drucken, überwiegend aus dem 16. und frühen 17. Jahrhundert, sowie ergänzenden pharmazeutischem Gerät Einblicke in die faszinierende und geheimnisumwobene Geschichte der Alchemie.

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Unternehmen Weltaneignung

Unternehmen Weltaneignung ist beileibe kein Buch, das man mal so eben wegliest. Und das liegt nicht allein am Umfang, sondern auch daran, dass es sich um eine umfassende und sehr detaillierte mit einer Fülle an Informationen versehene Studie zum Thema Verflechtung von Wirtschaft und Politik im Kontext des deutschen Kolonialismus handelt.

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Eingeordnet unter 19. Jahrhundert, 20. Jahrhundert, Allgemein, Kolonialisierung, Rezension

Dichter, Naturkundler, Welterforscher

Adelbert von Chamisso und die Suche nach der Nordostpassage

Lange waren der Mensch Adelbert von Chamisso und sein Werk in Vergessenheit geraten, inzwischen haben den Dichter und Naturforscher des 19. Jahrhunderts vor allem Kultur- und Literaturwissenschaftler wiederentdeckt und sein literarisches Werk gewürdigt. Nun hat sich auch der Evolutionsbiologe und Wissenschaftshistoriker Matthias Glaubrecht des Deutschen mit französischem Migrationshintergrund angenommen und eine umfassende und vielschichtige Biografie vorgelegt, die weit mehr beinhaltet als Leben und Werk des „Opfers“ der französischen Revolution.

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Afrika und die Entstehung der modernen Welt

Eine Globalgeschichte

Wenn irgendwo historische Dokumente auftauchen, die die das bisherige Geschichtsverständnis in Frage stellen, wenn Archäologen Funde machen, die bisherige Kulturvorstellungen als falsch entlarven oder wenn die Analyse von DNA-Proben darauf hindeuten, dass die Evolution in Teilbereichen anders verlaufen ist als immer angenommen, dann ist schnell die Rede davon, dass „die Geschichte neu geschrieben werden muss“. Bei aller Begeisterung der jeweiligen Fachwissenschaftler handelt es sich dabei jedoch meist um Erkenntnisse, die das historische Gesamtbild nur marginal verändern. Das, was uns der Journalist Howard W. French mit seinem Buch Afrika und die Entstehung der modernen Welt vorsetzt, stellt diesbezüglich einiges auf den Kopf.

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Eingeordnet unter 19. Jahrhundert, 4 Frühe Neuzeit, 5 Neuzeit, Aufklärung, industrielle Revolution, Kolonialisierung, Rezension