Archiv der Kategorie: 4 Frühe Neuzeit

Meuterei im Paradies

Wenn man der medialen Verarbeitung und den zeitgenössischen Reaktionen Glauben schenken darf, so war die erste Brotfruchtexpedition unter Commander William Bligh die wohl spektakulärste Seereise der Globalisierungsgeschichte. Und tatsächlich sucht dieses Ereignis, das unter dem Titel „Meuterei auf der Bounty“ heute wohl weltbekannt sein dürfte, in der an Meutereien wahrlich nicht armen Geschichte der „Entdeckungsreisen“ im Allgemeinen und der Royal Navy im Besonderen seinesgleichen. Der Geschichtswissenschaftler und Spezialist der britischen Seefahrtsgeschichte des 18. Jahrhunderts, Simon Füchtenschnieder, hat sich dieses Ereignisses im seefahrthistorischen und wirtschaftlichen Kontext erneut angenommen.

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Eingeordnet unter 4 Frühe Neuzeit, Rezension, Zeitalter der Entdeckungen

Zum 250sten Geburtstag von Matthew Flinders

Matthew Flinders, der britische Seefahrer, dem Australien nicht nur seinen heutigen Namen zu verdanken hat, gehört hierzulande nicht zu den bekanntesten Vertretern seiner Zunft. Dabei war er Teil einer Gruppe außergewöhnlicher Persönlichkeiten, die im 17. Und 18. Jahrhundert durch ihre nautischen und wissenschaftlichen Fähigkeiten im Auftrage ihrer jeweiligen Regierungen wichtige Voraussetzungen zur europäischen Kolonialisierung und Ausbeutung der Welt und damit die Grundlage dessen geschaffen haben, was wir heute als „unseren Wohlstand“ so vehement zu verteidigen suchen. Jede dieser Persönlichkeiten hatte dabei so ihre eigene Motivation, sei es Neugier und Abenteuerlust, sei es Karriere, sei es wissenschaftliche Erkenntnis und Forscherdrang. Die meisten von ihnen waren sich der Folgen ihres Handelns für die „be- und untersuchten“ Kulturen durchaus bewusst, hielten sie jedoch aus einem in jener Zeit obligatorischen zivilisatorischen Überlegenheitsgefühl heraus für unvermeidlich. Insofern können die Leistungen der (ich beschränke mich hier auf die britischen -) „Helden der Entdeckungsreisen“ wie James Cook, William Bligh, natürlich Matthew Flinders und nicht zuletzt Joseph Banks, als Vorsitzender der Royal Society die treibende Kraft bei der wissenschaftlichen Bestandsaufnahme der Ressourcen der Welt, nicht unabhängig von den ökonomischen und ideologischen Prozessen ihrer Zeit betrachtet und bewertet werden. Lesen Sie weiter auf „Forscher, Katzen und Kanonen“

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Geschichte Brasiliens 1500 – 1627

Jahrhunderte lang überdauerte die „Historia do Brasil“ des obersten Provinzials aller Franziskanerniederlassungen in Brasilien in Form von Fragmenten und Abschriften in portugiesischen und brasilianischen Archiven. 2008 publizierte die brasilianische Professorin Maria Lèda Oliveira erstmals eine Rekonstruktion des Originalmanuskriptes von 1624. Diese Edition bildet die Grundlage für die deutsche Ausgabe der „Geschichte Brasiliens“ durch Professor Franz Alto Bauer von der LMU München. Der Autor hat allerdings nicht lediglich eine Übersetzung des Originaltextes angefertigt, sondern auch eine erhebliche sprachliche Überarbeitung vorgenommen und zahlreiche Anmerkungen hinzugefügt. Und so lässt sich der ursprünglich aus komplizierten Satzkonstruktionen bestehende Text aus dem 17. Jahrhundert nun gut lesen, hat aber dennoch nichts von seiner Authentizität verloren.

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Der Stein der Weisen. Geschichte der Alchemie

(Pressemitteilung des Germanischen Nationalmuseums) Unermesslicher Reichtum, ewige Jugend und Unsterblichkeit: Schon immer fesselte die Menschheit die Aussicht auf vermeintlich Unerreichbares. Die Erfüllung dieser Wünsche versprach ein einzigartiges Elixir, der sogenannte „Stein der Weisen“. Über Jahrhunderte versuchten Alchemisten, ihn herzustellen. Sie experimentierten und verfassten Traktate – doch der Stein blieb bis heute eine Legende. Wie sieht er aus, wie ist er beschaffen? Wir wissen es nicht. Doch gerade dieses Geheimnisvolle macht seinen Reiz aus.
Eine Studioausstellung gibt mit rund 60 Handschriften und Drucken, überwiegend aus dem 16. und frühen 17. Jahrhundert, sowie ergänzenden pharmazeutischem Gerät Einblicke in die faszinierende und geheimnisumwobene Geschichte der Alchemie.

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Afrika und die Entstehung der modernen Welt

Eine Globalgeschichte

Wenn irgendwo historische Dokumente auftauchen, die die das bisherige Geschichtsverständnis in Frage stellen, wenn Archäologen Funde machen, die bisherige Kulturvorstellungen als falsch entlarven oder wenn die Analyse von DNA-Proben darauf hindeuten, dass die Evolution in Teilbereichen anders verlaufen ist als immer angenommen, dann ist schnell die Rede davon, dass „die Geschichte neu geschrieben werden muss“. Bei aller Begeisterung der jeweiligen Fachwissenschaftler handelt es sich dabei jedoch meist um Erkenntnisse, die das historische Gesamtbild nur marginal verändern. Das, was uns der Journalist Howard W. French mit seinem Buch Afrika und die Entstehung der modernen Welt vorsetzt, stellt diesbezüglich einiges auf den Kopf.

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Aufbruch im Licht der Sterne

Wie Tupaia, Maheine und Mai Captain Cook den Weg durch die Südsee erschlossen

Die Literatur über die legendären Reisen des James Cook ist vielfältig, schließlich gilt der britische Seefahrer und Kartograf als „Entdecker der Südsee“. Dabei konnte er sich zunächst auf die Berichte seiner europäischen Kollegen stützen, die wie beispielsweise Abel Tasman, Samuel Wallis oder Louis Antoine de Bougainville mit den Fidschiinseln, Neuseeland und natürlich Tahiti auf einzelne Inselgruppen des gigantischen polynesischen Kulturraumes gestoßen waren. Deren Begegnungen mit den Indigenen waren allerdings alles andere als ermutigend und selbst dem sendungsbewusstesten und selbstgefälligsten Europäer musste schnell klar werden, dass weitere Entdeckungen oder gar eine „Inbesitznahme“ ohne die Unterstützung der einheimischen Bevölkerung zum Scheitern verurteilt sein mussten.

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Piraten

Auf der Suche nach der wahren Freiheit

Wohl kaum eine historische Personengruppe ist so schillernd und Gegenstand von Spekulationen, Interpretationen, Ideologien, romantischen oder eher nüchternen Vorstellungen wie die der Piraten ihres sogenannten goldenen Zeitalters. Das währte gerade einmal  knapp 50 Jahre, inspiriert aber bis heute unsere Vorstellungen vom freien aber brutalen Leben in einer hierarchisch strukturierten und von Unterdrückung geprägten Welt. Dabei ist die Quellenlage alles andere als zuverlässig und eröffnet damit allerlei auch politisch motivierter Geschichtsspekulation Tor und Tür. In seinem Buch „Piraten. Auf der Suche nach der wahren Freiheit“ liefert der 2020 verstorbene Autor David Graeber, Professor für Anthropologie, Anarchist und politischer Aktivist“ seinen Beitrag zum Thema und nimmt dabei die Frage nach dem Ursprung von Freiheit, Demokratie und Anarchie in den Fokus.

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Captain Behring’s Journal

Unbekannte Dokumente zu Vitus Behrings Kamtschatka-Expeditionen

Die „Entdeckung der Welt“ verbinden wir vor allem mit Namen wie James Cook oder de La Pérouse mit ihren Südseereisen oder natürlich John Franklin mit seiner tragisch gescheiterten Suche nach der Nordwestpassage. Auch Cook und de La Pérouse ließen auf ihren Südseereisen Abstecher in den hohen Norden, in die heutige Beringsee, nicht aus, um einen Seeweg zwischen dem Atlantischen und Pazifischen Ozean zu finden. Doch bei der Suche nach einer Passage zwischen Russland und Alaska taucht auch der Name des dänischen Marineoffiziers Vitus Bering auf, der in russischen Diensten zwei Expeditionen in die nordöstlichen Regionen unternommen hatte. Zu diesen beiden als Kamtschatka-Expeditionen bezeichneten Reisen in die damals noch weitgehend unerschlossenen Regionen des östlichen Zarenreiches präsentiert Gerd von den Heuvel im vorliegenden Buch zwei bislang in der Öffentlichkeit unbekannte Originaldokumente aus dem Niedersächsischen Landesarchiv Hannover.

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Neues von Prize Papers Projekt

Jahrhundertealte Kaperdokumente jetzt online: Projekt „Prize Papers“ startet Internetportal

Aus der Pressemitteilung der Carl von Ossietzky-Universität Oldenburg vom 22.02.2022: Jahrhundertealte Dokumente von Kaperungen sind ab sofort online frei zugänglich: Das Projekt „Prize Papers“ der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen stellt der internationalen Forschung unter http://www.prizepapers.de Gerichtsunterlagen aus gut 1.500 Kaperprozessen zur Verfügung. Kaperungen gegnerischer Schiffe, sogenannte Prisen, waren einst legitimes Mittel der Kriegsführung. Seit 2018 katalogisiert und digitalisiert das an der Universität Oldenburg sowie dem Nationalarchiv in London (The National Archives, UK) angesiedelte Forschungsprojekt sämtliche Prisenpapiere („Prize Papers“), die aus Gerichtsprozessen zu Kaperungen der englischen/britischen Marine zwischen 1652 bis 1817 erhalten sind. Finanziert wird das Vorhaben über das Akademienprogramm aus Mitteln des Bundes und des Landes Niedersachsen. Das Projekt arbeitet eng mit dem Deutschen Historischen Institut London (DHI) und den IT-Experten der Verbundzentrale des Gemeinsamen Bibliotheksverbundes (VZG) zusammen.

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Als Humboldt lernte, Hawaiianisch zu sprechen

Sprachbegegnungen im Zeitalter der Entdeckungen

Als sich die Europäer aufmachten, die Welt zu entdecken und zu erobern, stießen sie nicht nur auf natürliche Barrieren oder vermeintlich feindselige Eingeborene, sondern zuallererst auf sprachliche, auf kommunikative Grenzen. Und doch fand ein erstaunlich intensiver Austausch zwischen den oft so unterschiedlichen Kulturen statt. Maßgeblich für das Funktionieren dieses Austausches war und ist immer die sprachliche Verständigung, die Sprach- und SprecherInnenbegegnungen, wie es die Autorin des Buches „Als Humboldt lernte, Hawaiianisch zu sprechen“ ausdrückt. Und 42 Geschichten eben solcher SprecherInnen- und Sprachbegegnungen stellt Rita Mielke in ihren von Hanna Zeckau wunderschön illustrierten Buch vor.

Botschafter und weiße Elefanten

Rita Mielke beginnt bei den Sprachbegegnungen mit einem spektakulären Ereignis: Am 20, Juli 802 kehrte eine Gesandtschaft Karls des Großen in seine 400-Seelen Residenz Aachen zurück. Insgesamt viereinhalb Jahre waren die fränkischen Botschafter unterwegs, die zwischen dem Kaiser und dem Kalifen von Bagdad Vereinbarungen über die heiligen Stätten in Jerusalem zu regeln. Das nach außen Spektakulärste waren die reichhaltigen Geschenke, die der Kalif dem Hofe Kaiser Karls zukommen ließ, darunter ein ausgewachsener und lebendiger indischer (der Legende nach weißer) Elefant.

Viele mögen sich fragen, wie das Rüsseltier transportiert wurde und ob und wie lange es hier in unseren Breiten am Leben blieb. Welche politischen Vereinbarungen zwischen immerhin rund 4.000 Kilometern voneinander entfernten mittelalterlichen Herrscherhäusern wurden getroffen, welche Herausforderungen brachte die Reise in der damaligen Zeit?

Für Rita Mielke stellt sich jedoch eine ganz andere, wesentlich zentralere und in unserer Globalisierungsgeschichte kaum gestellte Frage: Wie fand eigentlich die Verständigung zwischen den so unterschiedlichen Kulturen statt. Wie konnte ein komplexes Abkommen zwischen der fränkisch-/lateinischsprachigen und der arabischsprachigen Welt zustande kommen. Wer waren die Sprachvermittler und wie konnten sie ihre Kenntnisse erwerben? Die Botschafter selbst, die fränkischen Ritter Lantfried und Sigmund, dürften kaum des Arabischen mächtig gewesen sein, aber die waren ohnehin bereits auf der Anreise erkrankt und verstorben.

Sprache als Instrumente für Kooperation und Herrschaft

Wir erinnern uns an die Reisen Marco Polos ins Reich der Mitte, an Ibn Batuta den arabischen Weltreisenden, die europäischen Entdecker, Eroberer und Forscher der vergangenen Jahrhunderte und lauschen ihren bzw. lesen ihre spannenden Berichte über fremde Kulturen, ihre Sitten, Gebräuche, Glaubensvorstellungen und sozialen Systeme. Aber wie, wenn nicht über die Sprache kommt der jeweilige Reisende an diese Informationen? Doch woher haben Dolmetscher ihre fremdsprachigen Kompetenzen, welcher Strategien, Konzepte und Methoden bedienten sich unsere Vorfahren zur Überwindung der Sprachbarrieren, zu einer Zeit, als es noch keine Sprachschulen, Wörterbücher oder gar online-Übersetzer gab?

Natürlich, irgendwer musste die Sprache des jeweiligen Kommunikationspartners lernen. Aber wer? Für die europäischen Kolonialherren war die Antwort einfach, die Eingeborenen hatten die Herrschaftssprache, also Portugiesisch, Spanisch, Englisch oder Französisch zu lernen. Für die europäischen Siedler in von den Indigenen noch beherrschten Ländern empfahl es sich, ebenso wie für Forschungsreisende in entlegenen Gegenden der Erde, sich mit der Sprache des jeweiligen Gegenübers auseinanderzusetzen. Und so zeichnet die Autorin in jedem der 42 Kapitel ein Bild von Partnerschaften, Leidenschaften, Herrschaften, kulturellen Grenzüberschreitungen und Genialitäten, immer gebunden an konkrete Personen. Denn das Überwinden von Sprachbarrieren ist immer eine persönliche Angelegenheit und das Ergebnis von wie auch immer gearteter kommunikativer Interaktion.

Nicht alles Deutsche ist deutsch

Sprachliche Grenzüberschreitungen sind letztendlich eine existenzielle Voraussetzung für die Kommunikation zwischen Kulturen und so ist es natürlich auch kein Wunder, dass es in jeder Sprache kaum noch als solche wahrgenommenen Lehnwörter gibt, die auch auf eine gewisse interkulturelle Tradition hinweisen. Auch diesen Aspekt greift die Autorin in Form von Infokästen zu jedem Kapitel auf und am Ende kristallisiert sich bei dem/der LeserIn die Erkenntnis voraus, dass Sprache und Kommunikation nicht nur zu den wichtigsten, sondern auch spannendsten Bestandteilen von menschlicher Kultur gehört und im Einzelfall sogar spannender und spektakulärer sein können als weiße Elefanten.

Rita Mielke, Hanna Zeckau: Als Humboldt* lernte, Hawaiianisch zu sprechen. Duden 2021. Gebunden 239 Seiten

*an dieser Stelle sein noch ergänzt, dass es sich für viele wider Erwarten bei Humboldt nicht um den berühmten Forschungsreisenden Alexander, sondern um seinen Bruder, dem Kultur- und Sprachwissenschaftler Wilhelm von Humboldt handelt.

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