1813 – Ein Buch über das Duell zwischen Napoleon und Metternich

26. Juni 1813: Napoleon, der französische Kaiser, und Metternich, der Außenminister Österreichs, ringen in Dresden um ihrer beider und um die Zukunft Europas. Eine historische Begegnung zweier Vertreter nicht mit einander vereinbarer Staatsprinzipien, farbig geschildert von Günter Müchler.

Die Unterredung im Dresdener Palais Marcolini dauerte achteinhalb Stunden. Erst gegen 20.30 Uhr verlässt der österreichische Außenminister den französischen Kaiser. Für das Duell, wie es der Autor nennt, gab es keine Ohrenzeugen. Napoleon und Metternich waren unter Sich. Alles was wir darüber wissen, beruht auf späteren Aufzeichnungen der beiden Kotrahenten oder Dritter. Müchler schildert dieses Zusammentreffen auf packende Art: Für ihn ist Dresden einer der seltenen Augenblicke der Geschichte, „in denen schwerverständliche Taten und Unterlassungen plötzlich einen Sinn erhalten.“

Napoleon hatte schnell eine neue große Armee ausgehoben

Napoleon hatte nach der „Pulveriesierung“ seiner großen Armee im Jahr 1812 schnell eine neue aus dem Boden gestampft und stand nun einer Allianz aus Rußland, Preußen, England und Schweden gegenüber. Österreich, offiziell noch an Frankreich gebunden, hatte Dank Metternich, eine Sonderrolle eingenommen: Es gab den Vermittler zwischen den Kontrahenten. Der inzwischen bestenfalls zweitklassige Staat rang um seine Rolle im Machtkampf.

Napoleon ahnte dies, machte aber keine Anstallten, den österreichischen Kaiser fest an seine Seite zu binden. Zugeständnisse waren für den Korsen unmöglich: Müchler: „Nachgeben war Aufgeben“. Napoleon, als „Kind des Glücks“ war sich dieses Problems wohl bewusst: Ein Eroberer wie er, ein Parvenü, durfte sich keine Schwäche leisten. Er gestand dieses Dilemma Metternich und der nutzte es gekonnt aus. Der gewiefte Diplomat spielte den Friedensengel zwischen Frankreich und der Koalition. Aber sein Ziel war klar: Österreich musste sich von Napoleon lossagen und gegen Frankreich ins Feld ziehen. Das Duell von Dresden wies im den Weg, dies zu erreichen: Für den Korsen unannehmbare Forderungen stellen.

Ein Duell zwischen Menschen, die unterschiedlicher nicht sein konnten

Im Palais Marcolini trafen nicht nur die Vertreter völlig konträrer Staatsauffassungen aufeinander – Alt gegen Neu, Bewegung gegen Ordnung, sondern wie Müchler schön herausarbeitet, auch Menschen, die unterschiedlicher nicht sein konnten. „Hier Metternich, der galante Genussmensch; dort Napoleon, der rastlos und rücksichtslos Schaffende. Hier der selbstgewisse Grandseigneur; dort der aus dem Nichts gestiegene Usurpator.“

Beider Werdegang bringt der Autor gekonnt zum Leben. Auf der einen Seite der Korse Bounaparte: General der französischen Republik, dann Kaiser der Franzosen. Zur Gründung, Absicherung seiner Dynastie heiratet er die österreichische Kaisertochter Marie-Louise, die Napoleon den ersehnten Erben schenkt. Schließlich 1812 die bittere Niederlage im russischen Winter.

Metternichs Weg entsprach dagegen seinem Herkommen, dem Reichsgrafenstand. Studium, Eintritt in den diplomatischen Dienst, Aufstieg zum Vertreter Österreichs in Paris, immer alles garniert mit zahlreichen galanten Abenteuern. In Wien dann die krasse Fehlentscheidung schon 1809 zu einem Krieg gegen Napoleon zu raten, den Österreich erneut mit Pauken und Trompeten verliert. Trotzdem erfolgt seine Berufung zum Außenminister.

Sechs Wochen nach dem Duell in Dresden wechselt Österreich die Seiten

Am 11. August 1813, rund sechs Wochen nach dem Treffen in Dresden, ist das Ränkespiel Metternichs aufgegangen. Österreich hatte seine Forderungen für den Verbleib an Napoleons Seite hochgeschraubt – der französische Kaiser lehnt ab. Österreich hat ihm da schon den Krieg erklärt. Acht Wochen später kommt es zur „Völkerschlacht“ bei Leipzig, der Anfang vom Ende der napoleonischen Herrschaft über Europa.

Günter Müchlers Buch „1813“ ist ein wahres Lesevergnügen, dabei fakten- und erkenntnisreich. Die journalistische Laufbahn des Autors – Müchler war zuletzt Programmdirektor beim Deutschlandfunk – ist im positiven Sinne immer spürbar.

Günter Müchler: Achtzehnhundertdreizehn. Napoleon, Metternich und das weltgeschichtliche Duell von Dresden. Theiss Verlag. 2012, 272 Seiten.

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