König Kamehameha I. und der Aufbruch in die moderne Welt

Kamehameha I. war ein Nachfahre eines der Könige der damals so genannten Sandwichinseln, den James Cook 1779 für vermeintliche Diebstähle der Eingeborenen als Geisel nehmen wollte. Cook bezahlte seine Aktion, die letztendlich auf einem gravierenden kulturellen Missverständnis beruht haben dürfte, am 14. Februar 1779 mit seinem Leben. Kaum 30 Jahre später war Hawaii unter Kamehameha I. Anlaufstelle internationaler Händler. 1812 schließlich erklärte der erste König der pazifischen Inselgruppe den lukrativen Sandelholzhandel zum königlichen Monopol.

Der Neffe des Häuptlings, unter dem James Cook unter immer noch nicht ganz geklärten Umständen zu Tode gekommen war, hatte sich im Laufe seiner Regentschaft nicht nur einen britischen und einen amerikanischen Militärberater zugelegt, er hatte ebenfalls eine ansehnliche Flotte zusammengesammelt, die 1819 rund 30 amerikanische Schoner und zahllose robuste, teils mit Kanonen bestückten Kriegskanus umfasste. 1810 war es ihm gelungen, sich als Kamehameha I. zum alleinigen Herrscher über die gesamte hawaiianische Inselgruppe aufzuschwingen. Als unabhängiger Handelspartner von Europa und den USA konnten Kamehameha I. (der Napoleon des Pazifik) und seine Dynastie das neue Königreich so stabilisieren, dass bis zur Annexion 1898 durch die USA immer wieder unternommene russische, britische, französische und amerikanische Aneignungsversuche gescheitert waren.

Der Niedergang des amerikanisch-chinesischen Fellhandels

Bis in die frühen 90er Jahre des 18. Jahrhunderts galten die Inseln Hawaiis den Händlern und Walfängern vor allem als Möglichkeit, die Wasservorräte aufzufüllen und notwendige Reparaturen an den Schiffen vorzunehmen. Dann aber erkannten amerikanische Händler, dass mit dem Sandelholz ein natürlicher Rohstoff als Handelsgut auf den Inseln zu finden war. Chinesische Importeure hatten das hawaiianische Sandelholz als minderwertig eingestuft, dennoch gelangte es 1805 auf den Markt von Kanton und gehörte ab 1809 zu den regulären Handelsgütern. Dass der Handel mit hawaiianischem Sandelholz am Ende zu einem Geschäft werden sollte, das nicht nur die Macht der Kamehameha-Dynastie sichern, sondern die Hawaiianische Kultur massiv verändern sollte, ist allerdings einer anderen Entwicklung zu verdanken. 1810 veränderte sich nämlich der Fellmarkt. Der Seeotter der amerikanischen Nordwestküste stand vor seiner Ausrottung, der Einkaufspreis für die Händler stieg. Zur gleichen Zeit fielen die Abnahmepreise auf dem mit Billigfellen anderer Tiere gesättigten Kantonmarkt. Da bot sich amerikanischen Händlern das leicht verfügbare hawaiianische Sandelholz als profitable Alternative an.

Sandelholz, das Erdöl des Hawaii des 19. Jahrhunderts

1810 stellten die amerikanischen Kaufleute William H. Davis, Nathan und Jonathan Winship ihren Fellhandel ein und sicherten sich durch eine Vereinbarung mit Kamehameha das Monopol des Sandelholzhandels gegen 25% Gewinnbeteiligung. Mit ihrem ersten Sandelholzkonvoi nach China machten die cleveren Kaufleute einen ordentlichen Gewinn. Der amerikanisch-britische Krieg 1812 jedoch verhinderte eine weitere erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen den amerikanischen Händlern und Kamehameha. Nach dem Krieg übernahmen andere Kaufleute das lukrative Geschäft. Doch Kamehameha wollte den Handel nun selbst kontrollieren. Sein Versuch, den Sandelholzhandel in eigener Regie zu betreiben, scheiterte. Es brachte ihn aber auf die Idee, die Sandelholzbäume zum königlichen Eigentum zu erklären, damit alleiniger Verhandlungspartner der Kaufleute zu sein. So konnte er den Handel kontrollieren und am Gewinn beteiligt sein. Seinen untergebenen Häuptlingen übertrug er die Verantwortung für die Ernte der Bäume, die hierfür wiederum ein Viertel des geschlagenen Holzes behalten durften. Die jüngeren Sandelholzbäume waren Tabu, sie sollten das Einkommen von Kamehamehas I. Nachkommen, also der königlichen Dynastie sichern. Die Bevölkerung war es schließlich, die als Steuerleistung die wertvollen Bäume suchen, fällen, entrinden und auf ihrem Rücken ganze Schiffsladungen von den Bergen an die Küste bringen musste.

Transformation in eine Gesellschaft ohne Tabu

Die Auswirkungen des Sandelholzhandels auf die hawaiianische Kultur und Gesellschaft waren gewaltig. Binnen kurzer Zeit wurde das traditionelle Tauschhandels- und Geschenkesystem durch die Geldwirtschaft ersetzt, die es der gesellschaftlichen Elite nicht nur erlaubte, über die Millionengewinne Reichtum und Luxus anzuhäufen, sondern auch die Strukturen eines modernen Staatswesens aufzubauen. Immerhin, errichtete König Kamehameha III. bereits 1840 das erste staatliche Schulsystem. Die erste Verfassung erhielt Hawaii ebenfalls 1840. Acht Jahre später verteilte Kamehameha III das Land neu und ermöglichte den Privatbesitz an Grund und Boden und damit den Verkauf von Land an ausländische – vor allem amerikanische – Investoren.

Mit all seinen Reformen und Kulturrevolutionen hatte sich das hawaiianische Königshaus am Ende jedoch selbst beseitigt. 1893 wurde mit dem Sturz der Königin Liliʻuokalani die Monarchie abgeschafft. 1894 wurde die Republik ausgerufen und 1898 schließlich erfolgte die von der amerikafreundlichen Regierung beabsichtigte Annexion durch die Vereinigten Staaten. 1959 wurde die pazifische Inselgruppe 50. Bundesstaat der USA.

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