Anfänge der Pferdehaltung – durch DNA-Analysen datiert

Es ist die Fellfarbe, die etwas über die Domestizierung der Pferde verrät. Denn Pferdehaltung ist natürlich mit Pferdezucht eng verbunden und das heißt Selektion durch den Menschen. Die erste und sicherlich einfachste Selektion überhaupt war die der Fellfarbe. Während ausgefallene Fellfarbmutationen in der Natur kaum Bestand hatten, wenn sie durch entsprechende Unangepasstheit an die Umwelt die Überlebenschancen des Individuums verringerten, war bei der Auswahl durch den Menschen eher das Gegenteil der Fall.

Ein weißes Pferd beispielsweise, ein genetischer Versuch der Natur mit wenig natürlichen Durchsetzungschancen, bedeutete für den menschlichen Besitzer etwas Besonderes, eine Möglichkeit sich von seiner sozialen Umwelt abzuheben. Unter menschlicher Obhut war eine besondere Fellfarbe also ein positiver Selektionsfaktor, unter natürlichen Bedingungen in der Regel ein Negativer. Diesen Umstand hatte sich eine internationale Forschungsgruppe zunutze gemacht, die Anfänge der Domestikation des Pferdes herauszufinden. Durch DNA-Analysen konnte Zeit und Raum festgestellt werden, wo sich erstmals auffällige Fellfarbvarianzen häuften. Natürlich war hierfür entsprechendes Genmaterial notwendig, denn es galt zunächst die DNA-Sequenzen herauszufinden, die für die jeweiligen Fellfarbvariationen überhaupt verantwortlich sind. In einem weiteren Schritt war es natürlich auch erforderlich, die Fellfarben der eindeutig wilden Vertreter der Pferde herauszufinden, um sie von den Farben der Gezähmten abgrenzen zu können.

Schecken, Sabinos und Silberrappen

Gerade Letzteres ist nicht unbedingt ganz einfach. Denn natürlich hat die Möglichkeit der natürlichen Fellfarbvariation durchaus seinen Sinn. Verändern sich die Bedingungen des Lebensraumes, so kann eine zuvor chancenlose Fellfarbe zur Überlebensgarantie werden. Im Laufe des Untersuchungszeitraums ab etwa 12.000 vor unserer Zeitrechnung war dies durchaus geschehen. So hatte sich im Laufe des 5. vorchristlichen Jahrtausends zu dem seit dem Ende der Eiszeit nahezu ausschließlich vorhandenen Braun in Osteuropa und auf der Iberischen Halbinsel gleichberechtigt das Schwarz gesellt. Die Wissenschaftler führen das auf die zunehmende Bewaldung dieser Regionen zurück, die der tarnenden schwarzen Fellfarbe gewisse natürliche Vorteile verschaffte.

Im dritten vorchristlichen Jahrtausend stieg die Zahl der Fellfarbvariationen für natürlich-evolutionäre Verhältnisse sprunghaft an. Die Forscher hatten neben den Wildfarben braun, graubraun, dunkelbraun und schwarz nunmehr auch signifikante Zahlen an Haselnussbraunen, an verschiedenen Braunschecken, an Sabinos, also Pferden mit weißen Beinen und weißer Kopfzeichnung und Rappen mit Silbergenen identifiziert. Vor allem in Osteuropa und Sibirien nahm die Farbenvielfalt in jener Zeit rapide zu, sodass in dieser Region der Ursprung der Pferdedomestikation sicher festgestellt werden kann.

DNA-Analyse als Knochenarbeit

So einfach und einsichtig die analytischen Gedankengänge sich auch darstellen, die praktische Forschung war im wahrsten Sinne des Wortes Knochenarbeit. Denn zur Bestimmung der Fellfarben in der Vergangenheit benötigt man natürlich auch zeitgenössische DNA-Proben. Und so haben die Forscher aus archäologischen Funden uralter Pferdeknochen aus Sibirien, Mittel- und Osteuropa, China und der Iberischen Halbinsel in mühevoller Kleinarbeit 152 Proben präpariert und die DNA isoliert. Über die PCR genannte Polymerase Kettenreaktion wurden dann die SNP, die Einzelnukleotid Polymorphismen, jene Gen-Sequenzen also, die für die Fellfarbenvariationen verantwortlich zeichnen, sicht- und analysierbar gemacht.

Am Beginn der Forschung zu den Fellfarben der Pferde

Wenn man bedenkt, dass die Knochenproben immerhin zwischen 14.000 und etwa 1500 Jahre alt waren, dann wird der Stand der analytischen Technik und der Mikrobiologie deutlich, die es ermöglicht, aus diesem Material tatsächlich noch DNA zu isolieren. 250 bis 400 Milligramm Knochenmaterial wurde für eine Probe benötigt, die zu Pulver zermahlen in die Analysegeräte eingespeist wurde. Um die aus archäologischem Material isolierten SNP überhaupt Farben zuordnen zu können, musste natürlich auf die Daten früherer SNP- Studien an modernen Pferdepopulationen zurückgegriffen werden. Und hier zeigt sich, dass trotz der erstaunlichen Ergebnisse der Untersuchungen zur ersten Domestizierung des Pferdes die Arbeit noch längst nicht abgeschlossen ist. Denn bis heute sind noch gar nicht alle für die Fellfarbe verantwortlichen Gene identifiziert worden.

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