Hudson Bay und Nordwestpassage, abenteuerliche Geschichten um Ruhm und Profit

Karte von Luke Foxe 1631.

Als der englische Seefahrer Thomas Button im Mai 1612 mit den Schiffen Resolution und Discovery nach Amerika aufbrach, da hatte er mehrere Aufträge seines Königs James I. im Gepäck. Er sollte zum einen die Hudson Bay erforschen und die Besitzansprüche der Krone am umliegenden Land bestätigen, dabei möglichst die Nordwestpassage – also den nördlichen Seeweg nach Asien – finden und so nebenbei noch seinen 1610 verschollenen Kollegen Henry Hudson aufspüren. Button war nicht der letzte, der vor allem in der Hudson Bay nach der Nordwestpassage suchte und dabei seine Spuren in den arktischen Gewässern Kanadas hinterließ.

1612 kartierte Button einen großen Teil der Westküste der nach seinem verschollenen Vorgänger genannten Bucht, um schließlich an dem Ort zu überwintern, der heute als Port Nelson bekannt ist. Fluss und Hafen benannte Button nach seinem Navigator, der wie einige andere seiner Mannschaft, den harten Winter nicht überlebte. Auch die Resolution überstand den Winter in der kanadischen Arktis nicht und wurde im Frühjahr 1613 vom Eis zerdrückt. Button setze seine Forschungsreise mit der Discovery fort – jenem Schiff, mit dem bereits Hudson 1610 die nach ihm benannte Bucht erreicht hatte. Er kartierte nun die Westküste, bis er nach insgesamt rund 600 Seemeilen an den Küsten der Hudson Bay einschließlich der Flussmündungen des Churchill und des Nelson zum Schluss kam, dass das Gewässer eine geschlossene Bucht sei und die Nordwestpassage woanders zu finden sein müsse.

Buttons Reisebegleiter Bylot war Zeuge der Meuterei gegen Henry Hudson

Henry Hudson, ausgesetzt mit seinem Sohn im arktischen Eis. Ausschnitt aus einem Gemälde aus dem 19. Jahrundert.

Möglicherweise war Button durch die anschließende Rückkehr nach England eine Meuterei erspart geblieben, denn an Bord befand sich ein gewisser Robert Bylot. Der war bereits Offizier an Bord der Discovery, als diese noch das Expeditionsschiff Henry Hudsons war und im Winter 1610/11 ihre erste Überwinterung im arktischen Eis überstand. Offensichtlich führte die Absicht Hudsons, seine Suche nach der Nordwestpassage fortzusetzen zu einer Meuterei. Am 23 Juni 1611 wurde Buttons Vorgänger zusammen mit seinem Sohn und ein paar loyalen Mannschaftsmitgliedern in einem Boot ausgesetzt und seitdem nie wieder gesehen. Auch Button hatte keine Spur von ihm finden können. Bylot brachte die Discovery samt Hudsons Forschungsergebnisse nach England zurück, wo er vom Verdacht der Teilnahme an der Meuterei entlastet wurde. Vielleicht hatte der Freispruch aber auch pragmatische Hintergründe. Denn viele Mannschaftsmitglieder waren noch auf der Heimreise gestorben. Die Überlebenden waren im Grunde die einzigen Zeugen. Nach deren Aussage war der Anführer der Meuterei

von den Inuit getötet worden. Historiker vermuten außerdem, dass Bylots vorgebliche Kenntnisse um die Nordwestpassage die Unschuldsvermutung der Untersuchungskommission genährt hatte.

Robert Bylot stand selbst als Expeditionsleiter im Schatten William Baffins

Wie dem auch sei, Bylot begleitete 1612 nicht nur Thomas Button auf seiner Expedition, sondern er erhielt bereits 1615 das Kommando über die Discovery, um mit seinem Steuermann William Baffin wiederum die Nordwestpassage zu suchen. Ohne einen einzigen Mann zu verlieren kehrte er im September nach England zurück. Er hatte die Südküste von Baffin Island kartographiert und anhand der Gezeitenströme geschlussfolgert, dass die gesuchte Passage nicht in diesen Gewässern, sondern in der Davis Strait zwischen Baffin Island und Grönland zu finden sein würde. 1616 folgte daher die nächste Reise, die zwar zur Erforschung der Küste der heutigen Baffin Bay führte, die Existenz einer Nordwestpassage wegen unüberwindlicher Eisbarrieren jedoch immer unwahrscheinlicher werden ließ. Obwohl die Expeditionen unter der Leitung Bylots standen, werden sie und ihre Entdeckungen vor allem mit William Baffin in Verbindung gebracht.

Entdeckungsreisen waren in erster Linie wirtschaftliche Unternehmungen

Die Suche nach der Nordwestpassage hatte natürlich handfeste wirtschaftliche Gründe. Das wird besonders deutlich, wenn man die Expeditionen von Luke Foxe und Thomas James betrachtet. 1631 brachen die beiden Seefahrer auf, um – wieder einmal in der Hudson Bay – den nördlichen Weg nach Asien zu suchen. Finanziert wurden die beiden Expeditionen von rivalisierenden Kaufmannsgruppen. Foxe sammelte das Geld bei einer Gruppe Londoner Kaufleute ein, James Geldgeber waren die „British Society of Merchant Venturers“. Risikokapital würde man den Einsatz der englischen Kaufleute nennen, die bei entsprechenden Entdeckungen mit gewaltigen Gewinnen rechnen durften. Zur Risikominimierung diente die von König Charles besiegelte Abmachung, dass alle Entdeckungen, die welche der beiden Expeditionen auch immer machen würde, entsprechend dem jeweiligen finanziellen Einsatz der beiden Kaufmannsgruppen aufgeteilt werden sollten. Nicht zu Unrecht hatten die Bristoler Kaufleute befürchtet, dass sich die Londoner durch Foxes Entdeckungen ein Markt- und Handelsmonopol sichern könnten und sich daher mit einer Petition bereits im Vorfeld an den König gewandt, der immerhin für die Vergabe von entsprechenden Privilegien zuständig war.

Die unglückliche Expedition des Thomas James

Keine der beiden Expeditionen hatte die Nordwestpassage gefunden und die Berichte der beiden Forscher führten dazu, dass im Verlaufe der nächsten rund 80 Jahre kein ernsthafter Versuch zum Auffinden des legendären Seewegs mehr unternommen wurde. Thomas James Expedition hatte von Anfang an mit Schwierigkeiten im arktischen Eis zu kämpfen. Allein einen Monat benötigte er, um die Hudson Strait zu durchfahren. Sein vom Eis ohnehin schon malträtiertes Schiff versenkte er zur Überwinterung, damit es nicht vom Eis zerdrückt werde. Die Mannschaft, die auf Charlton Island ihre Hütten errichtet hatte, litt stark unter Kälte, Unterernährung und Skorbut. Vier von ihnen starben. Im Frühling hob die verbliebene Mannschaft – nun von Massen an Mücken heimgesucht – ihr Schiff, reparierte es so weit wie möglich und trat nach weiteren Problemen mit dem Eis die Rückfahrt nach England an. Auf der Fahrt hatte die Besatzung das Gefühl, dass ihr das Schiff jederzeit unter den Füßen wegsinken würde, wie es James in seinem 1633 veröffentlichten Bericht „The Strange and Dangerous Voyage oft the Captain Thomas James“ beschreibt.

Der Lohn kaufmännischer Risikobereitschaft: Monopolgewinne in der neuen Welt

Die Routen der Erforscher der Hudson Bay.

Foxe hingegen ersparte sich die riskante Überwinterung in den arktischen Gewässern und kehrte noch im gleichen Jahr nach England zurück, ohne einen Mann verloren zu haben. Er hatte neben einigen neuen Beobachtungen auch den Ort gefunden, an dem Button 1612 überwinterte. Dort entdeckte er ein Kreuz mit der Inschrift Buttons, mit der dieser die Besitzansprüche des englischen Königs auf Fluss und Land dokumentiert hatte. Foxe stellte das Kreuz wieder auf und erneuerte damit die Ansprüche des Königs auf das Gebiet, dass er erstmals als „New North Wales“ bezeichnete und das „seitdem in den Karten Amerikas so genannt wird.“ Dieser Hinweis auf die namentliche Bezeichnung eines wichtigen Teiles von Kanada ist ein Hinweis darauf, dass die Investitionen der risikofreudigen Kaufleute langfristig gesehen keineswegs umsonst waren. In einem Dokument, das bezüglich der Hudson Bay 1687 an die französische Verwaltung gerichtet war, werden die englischen Ansprüche an Kanada beziehungsweise die als New North Wales und New South Wales bezeichneten Gebiete unter anderem mit Buttons und später Foxes Inbesitznahme begründet. Auf dieser Basis konnte am Ende die 1670 gegründete Hudson`s Bay Companie, ausgestattet mit dem Privileg des Königs von England, ihren profitablen Geschäften in Kanada nachgehen.

Ein Kommentar

Eingeordnet unter 4 Frühe Neuzeit, Schifffahrtsgeschichte, Zeitalter der Entdeckungen

Eine Antwort zu “Hudson Bay und Nordwestpassage, abenteuerliche Geschichten um Ruhm und Profit

  1. Die „Nordwestpassage“ ist ein Synonym für den Entdeckergeist ganzer Generationen. Es war dieser Geist, der Magellan einen Weg vom Atlantik in den Pazifik finden ließ, der ihn die Welt umsegeln ließ, auch Diaz umrundete in diesem Geist das Kap der guten Hoffnung und Cook segelte in den Pazifik, um den Venusdurchgang vor der Sonne zu beobachten.

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