Runen

Geschichte – Gebrauch – Bedeutung

Über Runen ist bereits viel geschrieben worden. Vieles dessen, was heute hierzulande über die germanischen Schriftzeichen als bekannt gilt, stammt vor allem aus der esoterischen und romantischen Ecke. Mit dem Buch Runen legt der Professor für Germanistik und Skandinavistik, Arnulf Krause, ein wissenschaftlich fundiertes und verständliches Sachbuch zum, Thema vor.

Der Autor wählt in seiner Einführung einen unerwarteten Einstieg in das Thema. Mit Jules Verne lässt er den Leser – ausgelöst durch einen geheimnisvollen Runentext des fiktiven Alchemisten Arne Saknussemm – mal schnell zum Mittelpunkt der Erde reisen und mit J.R.R. Tolkien ihn die Welt der Runen von Mittelerde. Ein gelungener Einstieg, mit dem der Leser in die reale Welt germanischen Schriftzeichen gezogen Wird. Mit den folgenden Ausführungen zum kultur-, sprach- und schriftgeschichtlichen Hintergrund der Germanen, schafft er dann eine solide Grundlage für die differenzierte Darstellung zu Geschichte, Gebrauch und Bedeutung der – im wahren Sinne des Wortes Runen – geheimnisvollen Schriftzeichen.

Die Magie der Runen

Geheimnisvoll waren und sind die Runen, die sich als Inschriften nicht nur auf den markanten skandinavischen Steinen wiederfinden allemal. Da die Runen auf den Gott Odin zurückgeführt wurden, umgab die Runenmeister so etwas wie eine religiöse Aura, die Zeichen waren im Verständnis der damaligen Gesellschaften voller Mythos und Magie.  Und obwohl die Runen Schriftzeichen eines Alphabets waren aus dem sich allgemeinverständliche Wörter und Sätze bilden ließen, so wohnte doch jeder einzelnen Rune zugleich eine spezielle und umfassende Bedeutung inne, die ursprünglich wohl nur den Runenmeistern, also der Geisteselite ihrer Gemeinschaft, bekannt war. Auch heute entzieht sich uns in Ermangelung der Kenntnisse von Abstammung, Mythen, Götterglaube oder magische Rituale, oft die tiefere Bedeutung der auf Geschichte und Personen einer  jeweiligen Gemeinschaft bezogenen Runeninschriften und ihrer einzelnen Zeichen.

Streifzug durch die Welt der Runen

Trotzdem können wir die Inschriften lesen. Wie, das erläutert der Autor im Abschnitt „Das ABC der Runenschrift“. Wie das Gelesene zu interpretieren ist, darüber streiten sich in vielen Fällen die Geister, obwohl die zugrunde liegende skandinavisch-germanische Sprache weitgehend bekannt ist. Natürlich hat das mit dem Zweck der Inschriften zu tun, dessen Hintergründe kaum überliefert sind. Und so bilden die Kapitel über die Herkunft der Runenschrift und die berechtigte Frage „brauchten die Germanen eine Schrift?“ eine wichtige Grundlage für das Verständnis der folgenden Darstellungen über Geschichte, Verbreitung, Entwicklung und Interpretation der Runen.  Denn hier werden zahlreiche Runeninschriften auf Steinen oder Gebrauchsgegenständen vorgestellt und diskutiert.

Runologie, ein mühsames Geschäft

Krause geht der Verwendung und Verbreitung der Runen bei den alten Germanen, den Wikingern, im christlichen Mittelalter und nicht zuletzt natürlich auch bei den Esoterikern und Germanentümlern bis in die heutige Zeit nach. Dabei beschreibt er auch bekannte und unbekannte, sichere und umstrittene Fälschungen, um den Leser am Ende unter dem Thema „Der ständige Runenstreit“ mit der mühsamen und komplexen Arbeit des wissenschaftlichen Handwerks der runologischen Forschung vertraut zu machen. Das beginnt mit der Herkunftsforschung archäologischer Fundstücke, der Beurteilung ihrer Echtheit und natürlich ihrer zeitlichen Einordnung. Da muss so weit wie möglich die Nutzung und Bedeutung des jeweiligen Gegenstandes und gegebenenfalls die Zuordnung zu einzelnen Personen oder Gruppen geklärt werden. Bevor sich der Forscher schließlich der sprachwissenschaftlichen, inhaltlichen und kulturgeschichtlichen Deutung widmen kann, muss er natürlich die Frage klären, ob es sich überhaupt um historisch authentische Runen, Nachgemachte oder lediglich Schmuckornamente  handelt.

Spannend, unterhaltsam, verständlich

Vor diesem Hintergrund gibt das vorliegende Buch einen eindrucksvollen und sehr komplexen Überblick über das vielschichtige Thema Runen. Krause räumt dabei souverän und nachvollziehbar mit landläufigem schwärmerischen Halbwissen, etwa über das Alter der Schrift auf und liefert in der Tat eine packende Geschichte der Runen seit ihrem frühesten Auftreten und eine verständliche Einführung in ihren Gebrauch. Spannend, unterhaltsam und verständlich, Attribute deren sich sprachwissenschaftliche Elaborate gemeinhin nicht rühmen können.

Arnulf Krause: Runen. Geschichte – Gebrauch – Bedeutung. Marixverlag 2017. Gebunden mit Schutzumschlag, 222 Seiten.

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