Wallensteins Bankier – der unglückliche Hans de Witte

Am Ende blieb ihm dank hoher Schulden nur der Selbstmord. Hans de Witte, der leistungsfähigste Bankier seiner Zeit stürzte sich am 11. September 1630 in den Brunnen seines Prager Hauses und ertrank. Vier Wochen nach der Entlassung Wallensteins, des kaiserlichen Generalissimus, dessen Geldgeschäfte er früher so erfolgreich verwaltet hatte.

Die Zusammenarbeit von de Witte und Wallenstein hatte dabei doch finanziell so erquicklich begonnen. Beide gehörten dem 1622 ins Leben gerufenen Konsortium an, das sämtliche Münzstätten in Böhmen, Mähren und Niederösterreich übernahm. Weniger Silber pro Geldstück, bei gleichem nominalen Wert: Ein schöner Gewinn blieb hier übrig. Für Land und Leute bedeutete es eine Phase der Inflation – bekannt als die Zeit der Kipper und Wipper.

Für den flämischen Calvinisten und den böhmischen Katholiken begann eine Zeit erfolgreicher Zusammenarbeit, die auch de Witte zu einem reichen Mann machte. Wobei natürlich Wallenstein den Takt und die Richtung vorgab. Vor allem, nachdem der Böhme 1625 zu des Kaisers obersten General aufgestiegen war.

De Witte beschaffte alles was Wallenstein benötigte

War Hans de Witte vorher der Finanzier des Kaisers, wandelte er sich binnen kurzer Zeit zum Bankier und Handelsmann Wallensteins. Er beschaffte alles was der Böhme brauchte. Schon für den Auf- und Ausbau des Fürstentums Friedland und seines Prager Palais kaufte der Flame was sein Auftraggeber begehrte. Und der begehrte viel, und das schnell – rapido!

So richtig auf Touren kam das „System Wallenstein – de Witte“, als der Herzog für Kaiser Ferdinand II. eine Armee aufstellte. Eine Armee, quasi aus dem finanziellen Nichts geschaffen. Denn der Kaiser hatte kein Geld – er hatte nie welches.

Kredite und Kontributionen waren die Zauberworte bei der Schaffung der Armada

Das Duo schuf und finanzierte nun eine Heer, wie es der Krieg bis dahin noch nicht gesehen hatte. Die Zauberworte waren Kredite und Kontributionen. Kredit, den der international vernetzte Flame hatte und nutzte, Kontributionen, die der Feldherr eisern eintreiben ließ. Vom Feind, wenn möglich, vom Freund, wenn nötig.

Das System funktionierte lange erfolgreich. De Witte schoss dem Feldherrn enorme Summen vor, hunderttausende von Gulden, in Summe Millionen.  Aber die Geschäftspartner wollten natürlich Zinsen, und sie wollten ihr Geld in der Regel schnell zurück. Denn Geld war knapp.

Wallensteins Geldeintreiber gingen mit Nachdruck und Härte vor

Wallenstein bezahlte damit seine übergroße Armee, die daher zu nicht unerheblichen Teilen die Aufgabe hatte, von ihm festgelegte Kontributionen, sozusagen Steuern, einzutreiben. Seine Tribuliersoldaten gingen mit Nachdruck und Härte vor. Dennoch kamen die benötigten Summen langsam, unvollständig oder gar nicht ein. Je länger das System angewandt wurde, desto geringer waren die Einnahmen.

Die Kredite mussten aber bedient werden. Sie beruhten auf dem Vertrauen, das Hans de Witte in der Handelswelt genoss. Und nur auf diesem. Dem Kaiser brachten die Geldverleiher keines entgegen, selbst Wallenstein war in dieser Welt der Geld- und Kaufleute für diese Summen nicht gut.

 Ferdinand II. bezahlte mit Titel und Länder

 Der Kaiser, in dessen Namen die Armada im Reich stand, der durch die Siege immer mächtiger zu wurde, bezahlte mit Ehre, Titel und Land. So erhielt Wallenstein für seine Dienste, ausstehende Gehälter und Vorschüsse, das Herzogtum Sagan, später das weit größere Mecklenburg. Auch de Witte war eine Ehre zu Teil geworden. Am 10. Mai 1627 erhob der ach so katholische Ferdinand II. den flämischen Calvinisten in den böhmischen Ritterstand. Er durfte sich nunmehr Ritter von Lilienthal nennen. Wallenstein war bei der Zeremonie persönlich anwesend.

Das System Wallenstein – de Witte geriet zunehmend in Schräglage

Doch das System Wallenstein – de Witte geriet zunehmend in eine Schräglage. De Witte forderte Geld, Wallenstein versprach es, forderte es auch auf seine barsche, drohende Art ein. Aber es kam nicht, jedenfalls nicht genug. Es fehlten dem scheinbar allmächtigen Feldherrn zunehmend die Macht und die Ressourcen. Aus den ausgelaugten Ländern und Städten konnte nicht mal mehr das Notwendige für das großartige Spiel herausgepresst werden. Zu viel lag in Schutt und Asche.

So wankte das Gebäude schon stark, ja stürzte schon ein, bevor Wallenstein am 24. August 1630 von seiner Entlassung als kaiserlicher Feldherr erfuhr. De Witte hatte ihm bereits am 14. August brieflich mitgeteilt, dass er am Ende sei. Selbst die monatlichen Zahlungen von 20.000 Gulden für Wallensteins private Hofhaltung müsse er sofort einstellen.

De Witte war pleite – und keiner half

Wallenstein reagierte erbost: De Witte sei ein „ehrvergessener Schelm“. Weil so viele sich von dem einst Gefürchteten abwandten, unterstellte der gewesene Feldherr das gleiche Verhalten seinem Bankier. Doch der war wirklich pleite. 600.000 Gulden waren auf der Frankfurter Messe zu bezahlen. Er hatte sie nicht.

De Witte suchte auch bei Kaiser Ferdinand II. Hilfe. Schließlich liefen alle Kredite auf des Habsburgers Namen. Er beschrieb sich selbst als ein „ganz betrübten und bekümmerten Mann“. Ein Mann, der jetzt als Betrüger dastehe. Ferdinand half nicht. Und so glaubte der siebenundvierzigjährige Flame nur den einen Ausweg zu haben.

Keine Trauer seitens Wallensteins, nur Forderungen

Wallenstein nahm die Nachricht vom Freitod seines engen Vertrauten gleichgültig, ja kalt auf. Kein Wort des Bedauerns, kein Wort der Trauer ist überliefert. Im Gegenteil: Er wies seinen Verwalter an, angebliche Gelder, die seiner Frau bei de Witte deponiert haben sollte, sicher zu stellen. Selbst wenn dies der Wahrheit entsprochen hätte, wofür wenig spricht, waren Wallensteins Schulden bei seinem Bankier und Weggefährten sicher weit, weit höher, als die rückgeforderte Summe. Dankbarkeit sieht anders aus.

3 Kommentare

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3 Antworten zu “Wallensteins Bankier – der unglückliche Hans de Witte

  1. Tja, man würde das heute die „Böhmische Blase“ nennen, die da geplatzt ist. Kommt einem alles irgendwie bekannt vor, sozusagen „dejavu“ Und De Witte ging es, wie heute Griechenland und jetzt Zypern. Nur mit dem Unterschied, dass die beiden zwar lange „hängen gelassen wurden/ werden“ und doch schießlich gerettet, anders als „De Witte“, dem aller „warmer Händedruck“, alle „Titel und Pfründen“ nur laues Lüftchen war. Sehe ich mir die Situation der beiden Staaten im Südosten Europas an, bliebe denen eigentlich – maßstäblich betrachtet – auch nur der Weg der eigenen Eliminierung „Staatsauflösung“ angesichts der Hinhaltepolitik oder der staatszerüttenden Spardiktate der/ des internationalen Finanzsyndikat(e)s, das ganze Nationen aussaugt wie Dracula seine Opfer und nichts hinterläßt als ökonomisch „verbrannte Erde“ „Trostlosigkeit“ „Hoffnungslosigkeit“ und die wie ein Damoklesschwert drohende „allgemeine Verarmung“ ganzer Nationen. Sicher haben die beiden Staaten (und auch andere!) heftigst über ihre Verhältnisse gelebt/ gewirtschaftet, aber dabei haben die, die heute diese brutalstmöglichen, existenzbedrohenden Sparmaßnahmen verordnen, die ganze Staaten destabilisieren und in die Anarchie stürzen können, vorher ordentlich „Kasse“ gemacht! Insofern gilt der Grundsatz „der Krieg ernährt den Krieg“ – wenn auch auf subtilerer Ebene – immer noch. Denn mir kommt das ganze Szenario inzwischen vor wie ein von langer Hand vorbereiteter „Vernichtungskrieg“ der internationalen Finanzmarodeure gegen Europa und die Euro-Zone.

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