Das Buch „Die Römer am Niederrhein“

1977, also vor gut 30 Jahren wurde der Archäologische Park Xanten des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR) gegründet. 2008 eröffnete in diesem Park das neue LVR-Römermuseum seine Pforten und im Mai 2009 konnte das Gelände des Archäologischen Parks Xanten mit 60 Hektar auf fast die gesamte Fläche der einzigen römischen Stadt nördlich der Alpen, die seit der Antike nicht überbaut worden war, der Colonia Ulpia Trajana, erweitert werden.

Wenn Ende Juni 2009 wieder einmal die römischen Legionen im Rahmen eines zweitägigen Spektakels vor Tausenden von Zuschauern in das rekonstruierte Amphitheater des Archäologieparks einmarschieren, kann man sich kaum vorstellen, dass sich hinter der heutigen Präsentation der ehemaligen Colonia Ulpia Trajana immerhin rund 450 Jahre Dokumentation und Archäologie der römischen Hinterlassenschaften sowie fast 2000 Jahre städtische Siedlungsgeschichte verbergen.

Mit dem Xantener Raum als Ausgangspunkt der römischen Germanienaktivitäten beginnt das 1987 erstmals erschienene und 2005 mit seiner 5. Auflage inhaltlich erweiterte, aktualisierte und überarbeitete Buch „Die Römer am Niederrhein–Geschichte und Ausgrabungen“ von Werner Böcking.

Begonnen hatte alles mit dem Lager Vetera I auf dem „Fürstenberg“ als erstem Stützpunkt der an den Rhein verlagerten gallischen Legionen. Am Ende der römischen Präsenz in der Region Xanten stand die imposante römische Stadt Colonia Ulpia Trajana, mit massiver Stadtmauer, Thermen, Collosseum, Hafenanlagen, Handwerks- und Villenvierteln. Die folgende fränkische Niederlassung wuchs im Schatten der mächtigen Ruinen der römischen Bauten zum späteren mittelalterlichen Xanten heran, das einstige römische niederrheinische Zentrum diente nun als Steinbruch. Bereits im 14. Jahrhundert, so die Recherchen der Wissenschaftler dürfte, außer den Fundamenten kaum noch etwas von der ehemaligen römischen Metropole zu sehen gewesen sein, 1394 befand sich, wie die Quellen berichten, dort, wo einst das mächtige Amphitheater war, nur noch Ackerland.

Xanten – Ausgangspunkt der Germanienfeldzuüge

Bevor sich der Autor mit dem materiellen Untergang und dem langsamen und zähem Wiederauftauchen der römischen Hinterlassenschaften beschäftigt, führt er den Leser zunächst einmal auf einen historischen Exkurs über die römischen Ambitionen in Germanien und natürlich die Varusschlacht. An dieser Stelle merkt man dem Buch sein Alter an, das damit selbst zu einem hochinteressanten Teil der Geschichte wird. Die Diskussion um den Ort der Varusschlacht oder die Suche nach Aliso, alle noch vor den Ausgrabungen von Kalkriese zeigen, wie unsicher scheinbar gesicherte Erkenntnisse in Archäologie und Geschichtsforschung eigentlich sind, und wie schnell so manches Wissen durch einen einzigen Fund relativiert werden kann. Aber „Die Römer am Niederrhein“ handelt ja von der Geschichte der Archäologie im Xantener Raum, von der Suche nach vermuteten Lagern und Siedlungen, von den Überraschungen und Zufällen, der Leidenschaft und Ausdauer, die meist zu den aufregendsten Funden und Erkenntnissen führen. Und natürlich wird am Ende des Buches auch auf Kalkriese und seinen Bedeutung für die Diskussion um die mehr als 700 vermuteten Orte der Varusschlacht eingegangen.

Colonia Ulpia Trajana – vom Steinbruch zum Archäologiepark

Zunächst aber gräbt der Leser mit Böcking in den mittelalterlichen Steinbrüchen herum stößt auf Legionsziegeleien, die unglaublich viel über die römische Präsenz am Niederrhein berichten und wird in die Verfahren und Hintergründe der historischen und modernen Grabungstechniken eingeführt. Die Provinzialrömische Archäologie mit all ihren ideologischen Irrungen und Wirrungen ist die eine Seite der archäologischen Geschichte des Xantener Raumes. Die andere führt in das mittelalterliche Xanten, zu Märtyrern, gewaltigen Kirchenbauten und eben der mittelalterlichen Stadt, die nicht zuletzt eine Rolle in der Nibelungensage spielt. Mit der Darstellung der neueren Ausgrabungsergebnisse gewinnt das, was heute in Xanten zu sehen ist, Kontur. Da geht es um die Entdeckung des gallo-römischen Tempels, den Ursprung und die Anfangsschwierigkeiten des Archäologischen Parks, die Grabungen an Hafenmole und Rheinbett, einen römischen Wasserleitungskanal, den Hafentempel, das Burginatiumtor und nicht zuletzt die spätantike Festung innerhalb der Colonia Ulpia Trajana.

Das letzte Kapitel schließlich handelt von den ersten Schiffsfunden im Xantener Raum, die 1991 mit der Bergung des Restes eines etwa 15 Meter langen Prahms begonnen hatten.

Werner Böcking: Die Römer am Niederrhein – Geschichte und Ausgrabungen“. Klartext Verlag 2005. Taschenbuch, 317 Seiten.

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